Zecken finden sich besonders in den Monaten von März bis Oktober auf Wiesen, Bäumen und Sträuchern. Sie sind nicht nur lästig, sondern bergen auch Risiken für Mensch und Tier. Viele Hunde können sich sich mit Krankheitserregern infizieren, die durch einen Zeckenbiss bei Hunden übertragen werden. Wie ein Zeckenbiss Hund und Mensch schaden kann und welche Erreger durch diese kleinen Parasiten übertragen werden, verrät Dir in diesem Interview unser Tierarzt Philipp Schledorn.
Hund hat Zecke – Warum Zecken gefährlich sein können?
AniForte®: Wenn die Zecke zuschlägt, spricht man meist von einem Zeckenbiss. Beißen Zecken also zu?
Dr. Schledorn: Nicht ganz. Tatsächlich sagen wir gewöhnlich „Zeckenbiss“, meinen aber eigentlich einen „Zeckenstich“. Zecken beißen nicht, sondern bohren sich mit ihren Mundwerkzeugen durch die Oberhaut des Hundes und saugen Blut. Bei jungen Welpen oder Katzen kann es auf diese Weise sogar zu einer Blutarmut kommen, wenn der Befall besonders stark ist. Das ist allerdings selten. Zudem schadet ein Zeckenbiss Hund, Katze aber auch Mensch, indem er Infektionen und Krankheiten auslösen kann.
AniForte®: Wann kann ein Zeckenbiss bei Hund und Katze gefährlich werden?
Dr. Schledorn: Bei Zeckenbissen können während des Saugvorgangs Krankheitserreger übertragen werden. Der infizierte Hund muss nicht zwangsläufig erkranken, aber er trägt die Bakterien ab diesem Zeitpunkt im Blut und die Infektion kann später ausbrechen. Viele der übertragenen Infektionskrankheiten sind durchaus gefährlich für Tier und Mensch.
AniForte®: Welche ist die häufigste Infektionskrankheit, die durch einen Zeckenbiss bei Hunden übertragen wird?
Dr. Schledorn: Mit jährlich etwa 80.000 erkrankten Tieren birgt die Lyme-Borreliose die größte Infektionsgefahr. Über den Speichel der Zecken werden dabei Borrelien-Bakterien auf den Hund übertragen. Besonders gefährlich kann es werden, wenn die Symptome, die häufig zunächst unspezifisch ausfallen, nicht gleich erkannt werden.
AniForte®: Welche Symptome zeigt der Hund bei Borreliose?
Dr. Schledorn: Üblicherweise zeigt der Hund vorübergehend unspezifische Symptome wie Fieber, Appetitlosigkeit, geschwollenen Lymphknoten und vorübergehende Lähmungserscheinungen. Typisch für die Borreliose ist, dass die Symptome nach kurzer Zeit wieder weggehen, dann jedoch in Schüben wieder auftreten. Das bedeutet, erneut zeigen sich die Symptome und der Hund wirkt abgeschlagen.
AniForte®: „Zeckenbiss beim Hund: Wann zum Arzt?“ ist eine häufig gestellte Frage unserer Kunden im Zusammenhang mit Borreliose. Was antworten Sie darauf?
Dr. Schledorn: Zeigt sich der Hund nach einem Zeckenbiss wiederholt abgeschlagen oder lahmt, ist es wichtig ihn zum Tierarzt zu bringen. Ein schleichender Verlauf der Krankheit kann den Verlauf komplizieren.
AniForte®: Kann man einen an Borreliose erkrankten Hund heilen?
Dr. Schledorn: Ja, die Heilungsaussichten sind mit einer Behandlung durch Antibiotika sehr gut. Allerdings muss dazu die Borreliose erkannt und durch eine Antikörperbestimmung beim Tierarzt diagnostiziert worden sein. Sonst kann im schlimmsten Falle ein Nierenversagen bei Hunden bei hohem Borrelien-Antikörper-Vorkommen auftreten. Auch die Übertragung auf den Menschen ist nicht ungefährlich: jährlich gibt es etwa tausend Fälle in Deutschland mit ähnlichen Symptomen.
AniForte®: Welche weiteren Infektionskrankheiten werden durch Zecken auf Hunde übertragen?
Dr. Schledorn: Die sogenannte Hunde-Malaria, Babesiose, wird ebenfalls durch Zeckenbisse ausgelöst. Die Symptome ähneln denen einer Borreliose. Zudem kann der betroffene Hund neurologische Ausfallerscheinungen zeigen. Infizierte Hunde leiden oft an Blutarmut (Anämie), da ihre roten Blutkörper von Einzellern zerstört werden. Die Babesien, die Auslöser der Hunde-Malaria, sind über einen Bluttest nachweisbar. Bei der Behandlung kommen Antiprotozoika zum Einsatz, die das einzellige Parasitum bekämpfen. Die Prognose ist auch hier nach einer erfolgten Medikation gut.
AniForte®: Um welche Krankheit handelt es sich, wenn der Hund neben Fress-Unlust, Apathie und Fieber auch zu Blutungen neigt?
Dr. Schledorn: Das klingt sehr nach Anaplasmose, einer durch das Bakterium Anaplasma phagozytophilum ausgelösten Krankheit. In diesem Falle sind die weißen Blutkörperchen des Hundes betroffen, welche befallen und zerstört werden. In Deutschland könnte ca. jede zwanzigste Zecke mit dem Erreger infiziert sein. Bei rechtzeitiger Diagnose erfolgt eine Antibiotikum-Therapie, manchmal ist die Gabe von Bluttransfusionen nötig.
AniForte®: Dann gibt es noch die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME). Ist diese Viruserkrankung auch für Hunde gefährlich?
Dr. Schledorn: Das eigentliche Ziel des FSME-Virus ist der Mensch. Hunde scheinen gegenüber dieser Infektion relativ resistent, dennoch treten Einzelfälle auf. Die Krankheit hat nach ihrem Ausbruch einen sehr schwerwiegenden Verlauf, der neben Fieber, Apathie und Aggressivität auch zu einer Entzündung des Gehirns führen kann (Meningoenzephalitis). In der Folge treten Krampfanfälle, Lähmungen der Gliedmaßen, Schielen (Strabismus), verengte Pupillen (Miose) und ein übermäßig starkes Schmerzempfinden im Kopf- und Halsbereich auf. Hier ist also besondere Vorsicht vor Zeckenbissen geboten, wenn man in einem Zeckengebiet zu Hause ist und mit seinem Hund häufig in Wald und auf Wiesen unterwegs ist.
AniForte®: Jetzt zur letzten Erkrankung für heute: Wie erkennt man das Zeckenfieber beim Hund?
Dr. Schledorn: Zeckenfieber, auch Ehrlichiose genannt, ist eine akute bis chronische Infektionskrankheit und zeigt sich durch Apathie des Hundes, reduzierter Appetit, eventuelle sogar ein Abmagern, Fieber, Schwellungen der Milz und der Lymphknote, Nasenblutungen, Einblutungen in die Augen, punktförmige Einblutungen in der Haut, blutigen Urin, steifen Gang, Ödeme und Schwellungen in den Gliedmaßen. Es kommt dabei häufig zu Doppelinfektionen mit Babesien, also der Hunde-Malaria. Das sogenannte Zeckenfieber kommt vor allem in den Tropen, Subtropen und dem Mittelmeerraum vor. Eigentlich nur während eines Urlaubs in diesen Regionen kann diese Krankheit ausbrechen nach einem Zeckenbiss beim Hund. Wann zum Arzt erklärt sich beim Auftreten einer der genannten Symptome nach einem Aufenthalt im betroffenen Gebiet. Auch das Zeckenfieber lässt sich mit Antibiotika bekämpfen.
Zeckenbiss Hund – Das können Hundebesitzer tun
AniForte®: Was raten Sie Hundebesitzern – gerade jetzt in der Frühlingszeit – um Infektionen zu vermeiden?
Dr. Schledorn: Kein Hundebesitzer sieht seinen Liebling gerne leiden, aber beim Frühlingsspaziergang ist der Kontakt mit Zecken oft unvermeidbar. Mein Rat ist in jedem Fall Zeckenprophylaxe. Das bedeutet zum einen die Anwendung von Zecken-Abwehr-Präparaten, aber auch eine regelmäßige Kontrolle des Hundes nach jedem Ausgang. Am besten fährt man nach dem Spaziergang mit einem Flohkamm durch das Hundehaar, um so Zecken, die man gerade eingesammelt hat, gleich wieder zu entfernen. Außerdem gibt es mittlerweile eine Schutzimpfung gegen Borreliose. Diese wäre unbedingt ratsam, wenn man in einem Gebiet mit einer besonders hohen Infizierungsgefahr wohnt.
AniForte®: Viele Hundehalter rufen uns panisch an und berichten: Hund hat Zecke – was soll ich tun?
Dr. Schledorn: Zunächst einmal ist es wichtig, die Zecke zu entfernen.
Dabei scheitelst Du das Fell Deines Hundes an dieser Stelle, so dass Du eine gute Sicht auf die Zecke hast. Dann solltest Du die Zecke mit einer Zeckenzange möglichst nah der Haut zu fassen bekommen, um zu verhindern, dass der Zeckenkopf an der Stichstelle stecken bleibt. Dieser führt sonst später auch mal zu Entzündungen. Drehe anschließend die Zecke langsam mithilfe der Zeckenzange heraus – in welche Richtung ist dabei egal. Wichtig ist, dass die Einstichstelle in den nächsten Tagen noch einmal kontrolliert wird. Ist es erst mal zu einem Zeckenbiss gekommen, reicht leider ein einziger Stich für eine Übertragung mit Krankheitserregern. Deshalb sollte nach einem Zeckenbiss aufmerksam auf mögliche Symptome geachtet werden.
AniForte®: Vielen Dank für das Gespräch.
Dr. Schledorn: Vielen Dank für die Einladung. Ich wünsche allen Hunden und ihren Besitzern eine zeckenbissfreie Zeit!