Eichenprozessionsspinner bei Haustieren - AniForte

Eichenprozessionsspinner bei Haustieren

Die giftigen Brennhaare des Eichenprozessionsspinners können bei Hund & Katze u.a. zu schwerer Atemnot führen. Unser Tierarzt, Philipp Schledorn, erklärt, wie Hund und Katze auf den Kontakt mit den Haaren reagieren und wie Du im Ernstfall handeln solltest.

Die Raupen des Nachtfalters ‚Eichenprozessionsspinner’ sind besonders in den Monaten von März bis Mai in deutschen Wäldern aktiv. Obwohl sie äußerlich fast putzig wirken, stellen sie eine Gefahr für Dich, Deinen Hund und Deine Katze dar. Weshalb die flauschigen Tierchen ihrer Haare wegen gefürchtet werden und wie man sich vor einer sogenannten Kontaktallergie schützen kann, erfährst Du im Interview mit unserem Tierarzt Philipp Schledorn.

AniForte®: Der Eichenprozessionsspinner hat also gefährliche Haare – das klingt ja zunächst etwas eigenartig. Was verbirgt sich dahinter?
Tierarzt: Die Raupen des Eichenprozessionsspinners haben sogenannte Nesselhaare. Diese können sie „abschießen“, wenn sie sich bedroht fühlen. Ihr Radius beträgt dabei bis zu drei Meter. Die Haare bleiben durch Widerhaken an der Haut oder dem Fell des Getroffenen haften. Mensch und Tier erleiden bei Berührung allergische Reaktionen, ähnlich einem Kontakt mit Brennnesseln. Nur leider ist das Nesselgift der Raupen viel stärker als das der Brennnessel.

AniForte®: Wie gefährlich ist solch ein Kontakt mit den Raupenhaaren des Eichenprozessionsspinners?
Tierarzt: Zunächst kommt es zu einer lokalen Hautreaktion. Dabei haben Hund und Katze einen Vorteil gegenüber uns Menschen: sie sind durch ihr Fell geschützt. Letztendlich sind die Raupen für sie aber viel gefährlicher, denn die Tiere reagieren oft mit Schnuppern oder Abschlecken der betroffenen Fellstellen. Auf diese Weise kommt es zu einem Kontakt der Schleimhäute in Nase und Hals mit den Haaren der Raupe des Eichenprozessionsspinners. Diese enthalten das Eiweißgift Thaumetopoein. Das kann dazu führen, dass die Atemwege des Hundes oder der Katze stark anschwellen und das ist unter Umständen lebensbedrohlich.

AniForte®: Welche Symptome zeigen sich bei Kontakt mit der Raupe des Eichenprozessionsspinners?
Tierarzt: Hunde und Katzen können schwere allergische und entzündliche Reaktionen der Schleimhäute, der Atemwege und des vorderen Verdauungstraktes zeigen. Auch ein juckender Hautausschlag (Raupendermatitis) und Augenreizungen sind häufig zu beobachten. Wenn Eurer Tier besonders allergisch reagiert, können Benommenheit, Schwindel oder Fieber auftreten. Achtet auf starke Schwellungen der Kopfhaut - das ist oft der einzige Bereich, an dem man die Hautreaktion genau erkennen kann. Im schlimmsten Fall kann die Zunge anschwellen, was zu Erstickungsgefahr führt. Das Tier kann ebenso einen allergischen Schock und sogar Bronchitis- oder Asthmaanfälle erleiden, wenn die Gifthaare des Eichenprozessionsspinners in die Lunge geraten. Von der lokalen Quaddel bis zum lebensbedrohlichen Allergieschock kann also leider alles passieren.

AniForte®: Und diese Gefahr besteht in den Monaten März und Mai besonders, da die Raupen sich danach verpuppen?
Tierarzt: Zwischen März und Mai sind die Raupen des Eichenprozessionsspinners zwar besonders aktiv, das Gift ist allerdings bis zu einem Jahr wirksam, nachdem das Insekt sein Haar verloren hat. Hinzu kommt, dass die Gifthaare nicht fest an der Raupe des Eichenprozessionsspinners haften und manchmal auch durch Windstöße verbreitet werden. In betroffenen Gebieten sind die Haustiere also auch im Herbst und Winter nicht sicher vor dem Nesselgift. Hunde können z.B. beim Stöbern im Unterholz leicht mit den Haaren in Kontakt kommen oder Katzen interessieren sich für verlassene Nester der Raupen des Eichenprozessionsspinners, in denen das Gift leider noch weiterwirkt.

Eichenprozessionsspinner-Ansicht

AniForte®: Wo findet man die Eichenprozessionsspinner-Raupen?
Tierarzt: Wie der Name schon besagt, findet man die Raupen des Prozessionsspinners hauptsächlich in Eichenwäldern. Die kleinen Falter nutzen besonders gerne Bäume, die mehr Sonnenlicht abbekommen, um dort ihre Eier abzulegen. Dies liegt daran, dass es die Raupen des Eichenprozessionsspinners gerne warm mögen. Früher fand man sie hauptsächlich im Mittelmeerraum (besonders in Spanien, auf den Balearen und in Südfrankreich). Bei uns sind sie zwar schon seit ca. 170 Jahren beheimatet, treten aber erst seit der Jahrtausendwende vermehrt auf. Experten machen dafür den Klimawandel verantwortlich.

AniForte®: Wie erkenne ich die Raupen des Eichenprozessionsspinners?
Tierarzt: In den Frühlingswäldern sieht man in den Monaten von März bis Mai manchmal wie von Zuckerwatte eingehüllte Sträucher und Bäume. Das sind die ersten Anzeichen für die Raupen des Eichenprozessionsspinners, die sich auf diese Weise einspinnen. Die Larven sind zuvor geschlüpft, nachdem der Falter im Herbst bis zu 200 Eier in Bäumen - bevorzugt Eichenbäume - abgelegt hat. Da die Raupen fünf bis sechs Stadien bis zur Verpuppung durchlaufen, brauchen sie viel Futter. Ihren Namen haben die Prozessionsspinner erhalten, da sie auf der Nahrungssuche wie in einer Prozession bzw. im Gänsemarsch laufen.

AniForte®:
Was kann ich tun, wenn mein Tier mit Haaren des Eichenprozessionsspinners in Berührung gekommen ist?
Tierarzt:
Sowohl für den Menschen als auch für Hund und Katze gilt, dass die Haare bei einem möglichen Kontakt so schnell wie möglich entfernt werden sollten. Am besten wascht ihr das betroffene Tier mit warmem Wasser ab und tragt dabei zum Schutz Handschuhe und Mundschutz. Achtet zusätzlich darauf, dass Eure Tiere sich bei einer allergischen Reaktion nicht durch ständiges Kratzen noch schlimmer verletzten. Weißt Du bereits, dass Dein Tier eine Allergie hat, solltest Du für eine Gabe eines Antiallergikums dringend den nächsten Tierarzt aufsuchen. Aber auch sonst ist eine Kontrolle in jedem Fall ratsam.

AniForte®: Welche Möglichkeiten gibt es, dem Kontakt mit giftigen Raupenhaaren des Eichenprozessionsspinners vorzubeugen?
Tierarzt:
Als Hundehalter oder Katzenbesitzer sollte man sich über die Verbreitungsgebiete des Eichenprozessionsspinners informieren und auch sonst wachsam für die typischen Erscheinungsformen bleiben. Die Behörden schildern betroffene Regionen aus. In diesen Gebieten solltet Ihr Eure Hunde nicht von der Leine lassen und vor allem das Stöbern im Unterholz vermeiden. Auch für Katzen kann dann ein Stubenarrest sinnvoll sein. Wenn man ein Nest irgendwo entdeckt, sollte man dieses sehr großräumig umgehen und bei Nestern im eigenen Garten unbedingt einen Schädlingsbekämpfer einschalten. Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz, aber Achtsamkeit und Wissen um die Eigenarten dieser Raupe können in jedem Fall helfen.

AniForte®:Vielen Dank für das Gespräch.
Tierarzt: Ich bedanke mich für die Einladung und hoffe, dass ich vielen Lesern und ihren vierbeinigen Freunden weiterhelfen konnte.