Grannen hängen sich beim Spaziergang durch Getreidefelder gerne an Hund und Besitzer. Leider sind die kleinen Pflanzenteile nicht so harmlos wie sie aussehen und können bei Deinem Vierbeiner Entzündungen verursachen. Unser Tierarzt Philipp Schledorn erklärt heute im Interview, was Du tun kannst, um Grannen frühzeitig zu erkennen und die unangenehmen Folgen für Deinen Hund zu vermeiden.
AniForte®: Was genau sind Grannen eigentlich?
Tierarzt: Grannen sind nützliche Helfer der Natur, denn sie sind die Träger für Pflanzensamen. Mit ihren feinen Härchen, die mit Widerhaken besetzt sind, heften sie sich leicht an das Fell von Hunden oder Wildtieren. So werden ihre Samen von einem Ort zum anderen gebracht. Das gewährleistet, dass die Pflanzen sich in der Umgebung verbreiten können. Besonders lange Grannen hat die Gerste, gefolgt vom Roggen.
AniForte®: Können Hunde die Grannen, die sich in ihrem Fell verfangen, nicht einfach abschütteln?
Tierarzt: Leider nein. Das ist das eigentliche Problem. Normalerweise schüttelt der Hund alle Pflanzenteile ab, die ihn stören. Bei den Grannen passiert im Grunde das Gegenteil, da diese mit ihren Widerhaken fest sitzen. Je mehr sich der Hund also schüttelt, umso tiefer gelangen die Grannen in das lange Fell.
AniForte®: An welchen Körperstellen des Hundes findet man nach einem Spaziergang häufig Grannen?
Tierarzt: Am besten sucht man nach dem Spaziergang im Feld oder Feldnähe den ganzen Hund ab. Vor allem wenn er sich im Anschluss vermehrt schüttelt oder kratzt - das sind typische Anzeichen für Grannen. Besonders achten sollte man auf den Zwischenzehenbereich, die Ohren, die Augen, die Nase und den Rumpf. Denn diese Stellen können sich leicht entzünden, wenn die widerborstigen Pflanzenteile nicht entfernt werden. In der Folge können Hunde dort Abszesse entwickeln, die vom Tierarzt behandelt werden müssen.
AniForte®: Wie erkenne ich eine Entzündung, falls ich eine Granne übersehen habe?
Tierarzt: Hat sich eine Granne in der Nase festgesetzt, schnupft der Hund und niest vermehrt auffällig nach einem Spaziergang. Manchmal kann man auch ein nasales Atemgeräusch beobachten. In den Atemwegen sind Grannen extrem gefährlich, da sie bis in die Lunge wandern können.
Im Auge verstecken sich Grannen oft hinter dem dritten Augenlid. Dann kann man einen vermehrten Augenausfluss feststellen, der zunächst weiß ist und später gelb werden kann, wenn es bereits zu einer eitrigen Entzündung gekommen ist. Der Hund kratzt sich dann mit den Pfoten am Auge, er schüttelt sich und schrubbt mit dem Kopf über den Boden, in der Hoffnung die Granne so los zu werden. Leider wird es dadurch nur noch schlimmer - und als Tierbesitzer sollte man sofort handeln.
AniForte®: Welche Symptome zeigt der Vierbeiner, wenn sich eine Granne im Zwischenzehenbereich oder im Ohr festgesetzt hat?
Tierarzt: Im Zwischenzehenbereich kann es zu ernsthaften Verletzungen kommen. Anfangs erkennt man Grannen dort daran, dass der Hund sich schleckt und beim Gehen humpelt. Manchmal lahmen betroffene Tiere auch. Die entzündete Stelle ist gerötet und geschwollen.
Sitzt eine Granne im Ohr fest, wird sich der Hund auffällig häufig daran kratzen und seinen Kopf schütteln. Dadurch wird die Granne jedoch weiter in den Gehörgang wandern, was sich zu einer schmerzhaften Entzündung entwickeln kann. Besonders gefährlich werden die Widerhaken der Granne, wenn sie durch das Trommelfell stechen und so im Innenohr schlimme Schäden verursachen. Deshalb sollte man eine Granne am Ohr möglichst schnell entfernen lassen. Auf keinen Fall sollte man versuchen die Granne mit Wattestäbchen zu entfernen. Dadurch schiebt man sie nur tiefer ins Ohr.
AniForte®: Was empfehlen Sie in solch einem Fall? Kann ich eine Granne bei meinem Hund selbst entfernen?
Tierarzt: Das kommt darauf an. Im Prinzip lassen sich die Grannen mit menschlichen Händen leicht entfernen. Sitzt die Granne aber bereits tiefer fest oder ist die betroffene Stelle entzündet, sollten Sie lieber schnellst möglichst einen Tierarzt oder Tierheilpraktiker aufsuchen.
Wir haben regelmäßig Patienten mit Grannen bei uns in der Praxis. Meistens kann den Tieren bei Entzündungen noch so geholfen werden, dass sie später keine bleibenden Schäden davontragen. Von drei unterschiedlichen OPs an Grannen-geplagten Hunden haben wir in meiner Praxis ein Video gemacht, das zudem viele weitere Infos zu dem Thema enthält.
AniForte®: Was kann man vorbeugend tun, um seinem Hund die möglichen Folgen von Grannen zu ersparen?
Tierarzt: Zum einen ist es ratsam, Kornfelder zu meiden. Grannen haben zwar für die Pflanzen ihren Sinn, können aber wie gerade geschildert für Hunde gefährlich werden. Falls man auf den Spaziergang im Feld nicht verzichten will, ist es ein Muss, im Anschluss das Fell seines Hundes auf Grannen zu kontrollieren. Wer zusätzlich die Symptome kennt, kann bei auffälligem Kratzen und Schütteln entsprechend reagieren - und sich selbst auf die Suche nach einer versteckten Granne machen oder eben den Tierarzt oder Tierheilpraktiker seines Vertrauens aufsuchen. Teilen Sie also gerne die Tipps zu Grannen mit anderen Tierfreunden!
AniForte®: Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.
Tierarzt: Danke für die Einladung. Ich wünsche allen Lesern und ihren Hunden einen wunderbaren, Grannen-freien Sommer!