Viele Hunde trinken gerne aus Pfützen oder anderen stehenden Gewässern, was meist unbedenklich ist, führen kann es aber auch zur Infektion mit Giardien. Hunde trinken gerne mal Pfützenwasser – Deiner auch? Ob jede Ansteckung eine Giardiose, eine durch Parasiten verursachte Durchfallerkrankung, zur Folge hat, erfährst Du im Interview mit Tierarzt Philipp Schledorn.
AniForte®: Lassen Sie uns gleich mit der Eingangsfrage beginnen: Ist es unbedenklich, wenn Hunde Pfützenwasser trinken?
Tierarzt: Im Pfützenwasser lassen sich sogenannte Giardien, lat. Giardia intestinalis, finden. Das sind Dünndarmparasiten, die beim Hund zu Durchfall führen können. Die Übertragung von Giardien auf Hunde erfolgt durch verunreinigtes Wasser, Futter oder durch eine Schmierinfektion über bereits infizierte Tiere. Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass eine Aufnahme der Parasiten nicht zwangsweise zur Erkrankung führen muss. Man schätzt, dass 15-20% aller Hunde mit Giardien infiziert sind und diese auch ausscheiden. Trotzdem zeigt sich keine akute Giardiose beim Hund. Symptome, dass eine Infektion vorliegt, zeigen sich nicht.
AniForte®: An welchen Symptomen erkenne ich, ob mein Hund Giardiose hat?
Tierarzt: Auffällig sind immer wiederkehrende chronische Durchfälle, die schleimig gelblich oder dünnbreiig bis wässrig sowie übelriechend faulig sind. Auch blutiger Durchfall kommt häufig vor bei einem Befall mit Giardien. Hunde haben bei einer akuten Erkrankung immer wieder Durchfälle, und dann meist auch einhergehend mit Erbrechen, Gewichtsabnahme, Appetitlosigkeit und Apathie. Als Hundebesitzer kann man beobachten, wie das eigene Tier deutlich abmagert und macht sich dann natürlich Sorgen.
AniForte®: Kann jeder Hund Giardiose bekommen?
Tierarzt: Grundsätzlich ja, allerdings handelt es sich bei Giardiose typischerweise um eine Erkrankung von Welpen oder Junghunden. Das hängt damit zusammen, dass deren Immunabwehr noch nicht so stark ist wie bei älteren Hunden. Giardien können wie gesagt auch im Körper des Hundes vorkommen, ohne dass es dank des Immunsystems zum Krankheitsausbruch kommt. Vergleichsweise häufig findet sich Giardiose auch bei Tieren, die in größeren Gruppen gehaltenen werden (Zucht, Tierheim).
AniForte®: Welche Ursachen hat Giardiose?
Tierarzt: Giardien sind Einzeller, die als Parasiten im Darm von Hunden auftreten. Es kommen unterschiedlich stark krankmachende Stämme vor. Beim Hund finden sich in erster Linie die Genotypen C und D. Auch Menschen können sich mit den Stämmen A2 und B infizieren. Allerdings bleiben die Parasitenstämme nach heutigem Erkenntnisstand meist in ihren Artengrenzen, Zoonosen, also durch Übertragung von Tier auf Mensch ausgelöste Infektionen, gibt es kaum. Ausnahmen bestätigen in diesem Fall die Regel. Eine Ansteckungsgefahr von Hund auf Mensch ist also möglich, aber unwahrscheinlich.
Vielmehr infizieren sich Hunde über die Fortpflanzungsstadien des Parasiten (Zysten), die mit verunreinigtem Wasser, z.B. Pfützen, oder Futter aufgenommen werden. Das Aufschlecken von infiziertem Hundekot oder die Übertragung über die Pfoten in den Verdauungstrack des Hundes sind ebenfalls Ursachen. Sehr wenige Zysten reichen bereits für eine Ansteckung. Über den weiteren Verlauf der Krankheit entscheidet der Zustand des Immunsystems.
AniForte®: Wie werden Giardien diagnostiziert?
Tierarzt: In einer Kotprobe beim Tierarzt wird Giardia-Antigen oder Giardia-DNA nachgewiesen. Der mikroskopische Nachweis gilt als unsicher. Wichtig ist es, eine Sammelprobe von drei Kotproben aus 3- 5 Tagen zur Untersuchung zu bringen, da der Erreger nicht kontinuierlich ausgeschieden wird. Nur diese Sammelproben garantieren einen gesicherten Befund.
AniForte®: Woran erkenne ich als Tierhalter eine Giardiose beim Hund? Symptome sind welche?
Tierarzt: Wenn Ihr Hund Durchfall hat, Sie sich aber nicht sicher sind, ob es sich um eine Giardiose handeln könnte, empfehle ich folgende Checkliste:
- Wie alt ist mein Hund? Fällt er in die Risikogruppe der Jungtiere?
- Woher stammt mein Hund? Kam er aus dem Tierheim oder einer Zucht?
- Ist mein Hund viel mit anderen Hunden zusammen (z.B. in einer Hundeschule)?
- Wann hatte mein Hund zuletzt Durchfall?
- Wie sah der Durchfall meines Hundes aus?
- Hatte mein Hund schon öfter Durchfall?
- Hat mein Hund erbrochen?
- Wann wurde mein Hund zuletzt entwurmt?
- Wie ist das Allgemeinbefinden meines Hundes?
- Haben Sie den Eindruck der Hund hat Bauchschmerzen? Lässt er sich am Bauch streicheln?
- Frisst mein Hund mit Appetit?
- Leben weitere Tiere mit im Haushalt? Welche?
- Hat mein Hund Vorerkrankungen?
- Bekommt mein Hund aktuell Medikamente? Ist er also generell geschwächt?
Sollte sich der Verdacht auf eine Giardiose verhärten oder die Durchfälle weiter anhalten, sollten Sie einen Tierarzt oder einen Tierheilpraktiker aufsuchen.
AniForte®: Wie werden Giardien behandelt?
Tierarzt: Die Therapie erfolgt über mehrere Tage mit antiparasitisch wirksamen Medikamenten, in der Regel Tabletten oder eine Paste. Werden mehrere Tiere in einem Haushalt gehalten, sollten alle Tiere auf Giardien getestet werden. Auch wenn noch keine Symptome aufgetreten sind. So kann man als Tierbesitzer sichergehen, dass man gleich alle Tiere behandelt, auf die sich die Giardien bereits übertragen haben.
AniForte®: Wie kann ich als Hundehalter mein Tier bei der Genesung unterstützen?
Tierarzt: Neben der medikamentösen Therapie der Giardien ist die Beachtung von besonderen Hygienemaßnahmen im Krankheitsfall notwendig. Die Behandlung der Umgebung (abwaschbare Flächen mit Dampfstrahler abspritzen, Decken heiß waschen, Näpfe und Spielzeug täglich mit kochendem Wasser reinigen, alles gut trocknen) trägt zur Gesundung des Hundes bei, da die Zysten so entfernt werden. Aus dem gleichen Grund sollte das Fell des Hundes mit Shampoo ausgewaschen werden. Bei langhaarigen Hunden sollten die Haare im Analbereich eventuell kurz geschoren werden. Zusätzlich sind begleitende Maßnahmen wie bei jedem Durchfall möglich: eine Umstellung des Futters auf eine leicht verdauliche Magen-Darm-Diät und eine ausreichende Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr. Die Normalisierung des Magen-Darmtrakts kann zusätzlich durch Futterergänzung unterstützt werden, z.B. durch Ulmenrinde.
Wichtig ist es, nach Abklingen der Symptome den Erfolg der Therapie mittels einer erneuten Sammelkotprobe zu kontrollieren, denn symptomlose Träger von Giardien müssen weiter behandelt werden.
AniForte®: Wie ist die Prognose bei einer Durchfallerkrankung mit Giardien?
Tierarzt: Das ist die gute Nachricht für alle Hundebesitzer: Die Prognose ist generell günstig. Jedoch gestaltet sich die Therapie zum Teil schwierig. Manche Hunde sprechen schlecht auf die Medikamente an. Man schätzt, dass man mit jedem Anlauf eine Erfolgschance von 80 Prozent hat. Einer Reinfektion ist durch konsequente Umgebungsbehandlung vorzubeugen.
AniForte®: Kann die Giardiose auch tödlich verlaufen?
Tierarzt: Diese Einzelfälle gibt es immer wieder. Aber Todesfälle treten eigentlich nur bei Tieren auf, die bereits durch andere Krankheiten oder Umstände sehr stark geschwächt waren. Ein zweiter Faktor, der den Verlauf der Giardiose verschärfen kann, wäre eine fehlende medizinische Versorgung. Achtet man als mitteleuropäischer Hundehalter darauf, dass das Immunsystem seines Hundes intakt ist und sucht man bei Symptomen einen Tierarzt oder Tierheilpraktiker auf, ist man mit seinem Tier definitiv nicht gefährdet.
AniForte®: Wie kann ich als Hundehalter Giardien vorbeugen?
Tierarzt: Um Rückfälle oder eine schnelle Ausbreitung zu verhindern steht auch bei der Vorbeugung Hygiene an erster Stelle. Da es mit GiardiaVax bisher nur einen Impfstoff gibt, der in Deutschland nicht zugelassen ist und dessen Nebenwirkungen umstritten sind, besteht leider keine Möglichkeit Ihren Hund auf diese Weise vor der Erkrankung zu schützen. Regelmäßiges Entwurmen und ein starkes Immunsystem sind das A und O.
AniForte®: Abschließend noch einmal die Frage: Würden Sie Hundehaltern empfehlen, ihren Hund davon abzuhalten aus Pfützen zu trinken?
Tierarzt: Eine Ansteckung mit Giardien ist überall möglich. Da man dem Hund nicht den Umgang mit anderen Artgenossen verbieten und ihn nicht bei jedem Spaziergang überwachen kann, ist diese Art der Vorsicht meiner Meinung nach übertrieben. Der Ausbruch einer Giardiose hängt vielmehr von der Immunabwehr des Hundes ab. Allerdings sollte man bei jedem Durchfall aufmerksam werden und gegebenenfalls einen Tierarzt oder Tierheilpraktiker aufsuchen.
AniForte®: Dr. Schledorn, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.
Tierarzt: Ich bedanke mich für die Einladung und wünsche allen Hunden und ihren Haltern weiterhin eine gute Immunabwehr!
Übrigens: Auch Katzen können sich mit Giardien der Genotypen A1 und F anstecken. Auch hier gilt, dass die Übertragung auf Hund oder Mensch möglich aber unwahrscheinlich ist. Sollten Katzen und Hunde in einem gemeinsamen Haushalt leben, gilt dennoch: Alle Tiere müssen im Fall einer auftretenden Erkrankung untersucht werden, um Ansteckung zu vermeiden.