Wenn Dein Hund anfängt zu lahmen, dann kann dies ganz unterschiedliche Ursachen haben. Egal, welcher Auslöser, die Symptome sind meist schmerzhaft für den Vierbeiner. Als Tierhalter wünschst Du Dir deshalb nichts mehr, als Deinem Liebling helfen zu können. Unser Tierarzt Philipp Schledorn verrät Dir heute im Interview, wie Du die einzelnen Krankheiten unterscheiden kannst und ihnen am besten vorbeugst.
AniForte®: Woran kann mein Hund erkrankt sein, wenn ich plötzlich einen hüpfenden Gang bei ihm beobachte?
Tierarzt: Ein hüpfender Gang weist häufig auf eine Patella Luxation hin. Dabei springt die Kniescheibe (Patella) des Hundes aus ihrer Führungsrinne. Je nachdem, ob diese von einem Tierarzt wieder an ihren natürlichen Ort zurückgebracht werden kann, unterscheidet man Grad 1 - 4. Der Hund versucht seine Hintergliedmaße aufgrund der Schmerzen zu schonen und so entsteht sein hüpfender Gang.
AniForte®: Tritt die Patella Luxation bei allen Rassen auf?
Tierarzt: Besonders häufig springt bei kleinen Hunden wie Chihuahuas, Spitz, Pudel und Yorkshire Terrier die Kniescheibe aus ihrer Führungsrinne. Dann ist die wichtigste Frage die nach der Schwere der Luxation. Davon hängen natürlich auch die Heilungschancen ab.
AniForte®: Was kann ich als Hundehalter bei einer Patella Luxation für meinen Vierbeiner tun?
Tierarzt: Das ist abhängig von dem Schweregrad der Luxation. Wenn ein leichter Grad von 1-2 festgestellt wird, dann wird der Tierarzt zu einer konservativen Therapie raten, nur bei schwerwiegenden Fällen, also Grad 3-4, muss der Hund operiert werden. Man versucht dann, die Führungsrinne der Kniescheibe zu vertiefen, so dass sie künftig nicht mehr herausspringen kann. Außerdem wird der Ansatz des Kniescheibenbandes versetzt. Die Heilungschancen nach dieser OP sind für kleine Hunde bis Schweregrad 3 sehr gut, bei größeren Rassen und Schweregrad 4 sind die Heilungschancen bei erfolgreicher OP ebenfalls gut.
AniForte®: Welches Krankheitsbild führt bei Hunden noch zu Lähmungen?
Tierarzt: Ein großes Problem stellen immer noch Hüftgelenksdysplasien dar, also eine Fehlbildung der Hüftgelenke. Die Gelenkpfanne und der Oberschenkelkopf passen nicht korrekt aufeinander und verursachen deshalb bei jeder Bewegung Schmerzen für das Tier.
AniForte®: Was sind die Ursachen einer Hüftgelenksdysplasie bei Hunden?
Tierarzt: Zum einen sind diese Probleme erblich, zum anderen ist die Fehlstellung auf falsche Ernährung zurückzuführen. Junge Hunde, die Futter erhalten, welches sie sehr schnell wachsen lässt, erkranken häufig an Hüftgelenksdysplasie. Das liegt daran, dass die schnelle Gewichtszunahme die Gelenke ständig fehlbelastet und diese deshalb unnatürlich abnutzen. So entsteht auch Gelenkarthrose, die für den Hund schmerzhaft ist.
AniForte®: Worauf kann ich beim Futterkauf achten, um diese schnelle Gewichtszunahme zu verhindern?
Tierarzt: Das Futter sollte nicht übermäßig viel Calcium enthalten. Viele Hundehalter glauben, ihrem Liebling in der Wachstumsphase etwas Gutes zu tun, aber letztendlich schaden sie so dem eigenen Tier, ohne dass es ihnen bewusst ist.
AniForte®: Wie lässt sich eine Hüftgelenksdysplasie feststellen?
Tierarzt:In der Praxis können wir diese Diagnose durch Röntgen und eine Lahmheitsuntersuchung des Hundes absichern. Da alle Rassen und Größen gleichermaßen von dieser Erkrankung betroffen sein können, wäre es natürlich schön, die Krankheit frühzeitig zu erkennen. Leider ist im Gegensatz zum menschlichen Skelett das des Hundewelpen sehr knöchern und lässt keine Frühdiagnose im Babyalter zu. Erst wenn er nicht richtig springen will oder eine Lahmheit der Hintergliedmaßen aufweist, die sich beispielsweise durch Schwierigkeiten beim Aufstehen zeigt, lässt sich die Hüftgelenksdysplasie bei einem jungen Hund eindeutig feststellen.
AniForte®: Gibt es dann Heilungsaussichten für eine Fehlstellung der Hunde-Hüfte?
Tierarzt: Die einzige Möglichkeit, dem Tier unnötige Qualen zu nehmen, ist leider eine schwierige Operation. Deswegen sucht man am besten einen Spezialisten auf. Bei einer erfolgreichen OP kann dem Hund so seine Lebensqualität zurückgeben werden.
AniForte®: Kann solch eine Fehlstellung auch die vorderen Gliedmaßen des Hundes betreffen?
Tierarzt: Ja, es gibt ebenfalls eine Ellenbogendysplasie, die leider ähnliche erbliche wie auch ernährungsbedingte Ursachen hat wie die Hüftdysplasie. Es kommt zu Fehlentwicklungen verschiedener knöcherner Strukturen, die an der Bildung des Ellbogengelenks beteiligt sind. Das sind meist Elle, Speiche und Oberarm.
AniForte®: Hilft bei einer Ellbogendysplasie auch nur die OP?
Tierarzt: Wichtig ist, dass der Hund schnell operativ behandelt werden kann. Das stellen wir auch in diesem Fall durch eine Röntgen-Diagnose fest. Deshalb sollte der Hundehalter das Tier bei auftretenden Lahmheiten frühzeitig zum Tierarzt bringen. Nach einer OP können dann Futtersupplemente zur Unterstützung des Bewegungsapparates oder auch eine Physiotherapie den weiteren Heilungsprozess begleiten.
AniForte®: Kann die Lahmheit auch aufgrund eines Kreuzbandrisses auftreten wie man ihn vom Menschen kennt?
Tierarzt: Natürlich, auch Hunde können sich das vordere Kreuzband reißen und dementsprechend diese Gliedmaßen nicht mehr belasten wollen. Je nachdem, ob das Kreuzband vollständig oder nur angerissen ist, zeigt sich dann oft auch eine Lahmheit der Hintergliedmaße.
AniForte®: Betrifft der Kreuzbandriss alle Hunderassen gleichermaßen?
Tierarzt: Nein, in diesem Fall sind besonders große und schwere Rassen betroffen wie der Neufundländer, der deutsche Schäferhund, der Stafford Terrier und der Dobermann. Aber auch kleinere Rassen wie beispielsweise der Jack Russel Terrier kann es erwischen.
AniForte®: Wie gefährlich ist ein Kreuzbandriss für Hunde?
Tierarzt: Ohne OP kann ein Kreuzband nicht wieder zusammenheilen. Unbehandelt erhöht sich außerdem das Risiko, dass das andere Kreuzband ebenfalls reißt. Deshalb gilt: je schneller der Patient chirurgisch versorgt werden kann, umso besser. In der Operation ersetzen wir dann das Kreuzband durch moderne Techniken und der Hund kann im Anschluss wieder vollkommen normal laufen.
AniForte®: Gibt es noch weitere mögliche Ursachen für das Erlahmen eines Hundes?
Tierarzt: Ja, auch die Wirbelsäule kann der Auslöser allen Übels sein: bei der sogenannten Spondylose kommt es an ihr zu Verknöcherungen. Diese hängen häufig mit dem Alter der Hunde zusammen.
AniForte®: Woran erkenne ich eine Spondylose als Hundehalter?
Tierarzt: Der Hund tut sich schwer aufzustehen und zeigt allgemein eine reduzierte (Spiel-) Aktivität. Außerdem hat er Rückenschmerzen.
AniForte®: Wie verläuft im Falle einer Spondylose der Behandlungsprozess?
Tierarzt: Diese Form der Lahmheit kann nicht operativ versorgt werden. In der Tiermedizin greift man deshalb bei einer Spondylose zu schmerzlindernden Therapien und Physiotherapie, um das Leid der alten Hunde so gering wie möglich zu halten.
AniForte®: Gibt es bei Hunden auch Bandscheibenvorfälle, die zu Lähmungserscheinungen führen können?
Tierarzt: Absolut, dieser Prozess, der zur Einengung des Rückenmarks führt, ist besonders gefährlich. Oft können Hunde nach einem schweren Bandscheibenvorfall gar nicht mehr laufen. Betroffene Regionen sind z.B. die Halswirbelsäule, die Brust oder die Lendenwirbelsäule.
AniForte®: Wie erkenne ich einen Bandscheibenvorfall bei meinem Hund?
Tierarzt: Vorbote einer Diskopatie (= Bandscheibenvorfall) kann ein Hexenschuss sein. Dann zeigt der Hund zeitweise Lähmungen, auch geringen Ausmaßes an einem oder mehreren Gliedmaßen. Auf diese Anzeichen sollte man unbedingt hören, denn auch der Bandscheibenvorfall muss frühzeitig erkannt werden, um chirurgisch versorgt werden zu können. Je früher dies geschieht, umso sicherer ist die vollständige Genesung des tierischen Patienten.
AniForte®: Welche Hunderassen sind besonders gefährdet, einen Bandscheibenvorfall zu erleiden?
Tierarzt: Das sind z.B. der Dackel, die französische Bulldogge, der Beagle und der Pudel. Aber auch etwas größere Rassen wie der Basset, der Schäferhund, der Pekinese und der Cocker Spaniel können an einem Bandscheibenvorfall erkranken. Wer Symptome bei seinem Tier beobachtet, sollte in jedem Fall sofort einen Tierarzt aufsuchen.
AniForte®: Was kann ich als Hundehalter vorbeugend tun, um den Bewegungsapparat meines Vierbeiners fit zu halten?
Tierarzt: Eine ausgewogene, natürliche Ernährung und ausgesuchte Nahrungsergänzungen können den Bewegungsapparat älterer wie auch junger Tiere unterstützen. Vor allem Grünlippmuschel Kapseln oder Pulver können bei Gelenkbeschwerden unterstützen. Nichtsdestotrotz sollte man sich ausführlich beraten lassen, was zu seinem Tier passt. Sonst ist leider die einzige Vorbeugung ein regelmäßiger Besuch beim Tierarzt oder Tierheilpraktiker sowie eigene Wachsamkeit bei auftretenden Symptomen.
AniForte®: Vielen Dank für das Gespräch.
Tierarzt: Danke für die Einladung und gute Besserung für die tierischen Patienten!